Das St.Galler Stiftsarchiv, das weltliche, administrative Archiv des ehemaligen Klosters St.Gallen, steht bis heute im Schatten der prächtigen, barocken Stiftsbibliothek. Dabei liegen auch in seinem Depot viele Schätze. So finden sich im Stiftsarchiv die ältesten Urkunden der Schweiz und Europas sowie beispielsweise die ältesten Erwähnungen von Bier und Appenzeller Käse. Bemerkenswert ist auch, dass in seinen Urkunden über 1000 Ortschaften, Landschaften, Gewässer, Gebirge usw. erstmals erwähnt werden. Und rund 900 Urkunden stammen aus der Zeit vor dem Jahr 1000.
Stiftsarchiv, St.Gallen
Restaurants im ersten Stock wie das «Goldene Schäfli» sind eine Besonderheit der Stadt St.Gallen. Weil die Erdgeschosse im Mittelalter feucht, stickig und dunkel waren, wurde das gesellschaftliche Leben in die oberen Geschosse verlegt. Davon zeugen noch diverse weitere «Erststock-Beizli» im Stadtkern. Im «Goldenen Schäfli» sitzt der Tischnachbar «oben» gut 20 Zentimeter höher als jener «unten». Von Wand zu Wand macht dies die stattliche Differenz von 33 Zentimetern aus. Wohl infolge des sumpfigen Bauplatzes senkten sich die Mittelfundamente des Gebäudes im Laufe der Zeit sukzessive.
Restaurant Goldenes Schäfli, St.Gallen
Rund 40 Metzgereien aus den Kantonen St.Gallen, Thurgau und beiden Appenzell stellen ihre St.Galler Bratwürste gemäss den strengen IGP-Richtlinien her. Hinter den drei Buchstaben verbirgt sich die «geschützte geografische Angabe». Zum unverwechselbaren Geschmack jeder guten Bratwurst trägt nicht nur hochwertiges Fleisch aus der Region bei, sondern auch die kunstvolle Verwendung von Gewürzen. Jeder Metzgereibetrieb hat sein eigenes Wurstrezept, das streng geheim gehalten wird. Das älteste Rezept stammt übrigens von 1438 und findet sich – natürlich – in den Statuten der Metzgerzunft der Stadt St.Gallen.
Der Kanton St.Gallen pflegt eine ausgezeichnete nachbarschaftliche Zusammenarbeit mit dem Bundesland Vorarlberg, dem Freistaat Bayern sowie dem Fürstentum Liechtenstein. Zudem teilt er Grenzen mit den Kantonen Thurgau, Zürich, Schwyz, Glarus, Graubünden und den beiden Appenzell. Er hat somit die meisten internationalen und interkantonalen Aussengrenzen. Die über 200 interkantonalen und zwischenstaatlichen Vereinbarungen machen ihn zum Vernetzungsmeister.
Ulrich Zwingli, der bedeutendste Reformator der deutsch-sprachigen Schweiz, wurde am Neujahrsmorgen 1484 in Wildhaus geboren, wo er bis zu seinem sechsten Lebensjahr lebte. Man könnte also sagen, St.Gallen hat gewissermassen Zürich reformiert. Zwinglis Geburtshaus steht immer noch – mitten im Ortsteil -Lisighus von Wildhaus. Es wurde Mitte des 15. Jahrhunderts vom Grossvater des Reformators erbaut, ist hervorragend -erhalten und gilt als eines der ältesten Bauernhäuser der Ostschweiz. Untersuchungen zeigten: Die meisten Fichten, aus -deren Holz es gebaut ist, wurden im Winter 1448/49 gefällt.
Das Dorf Walde in der Gemeinde Eschenbach wird heute noch Pantherdorf genannt. Grund dafür ist, dass dem Zoo Zürich 1933 ein Schwarzer Panther entlief, was die ganze Schweiz in Aufruhr und Angst versetzte. Nicht aber Nichtsnutz Richi Müller aus Walde. Völlig unwissend, was medial abging, traf er zufällig auf den knurrenden Panther. Er reagierte seelenruhig, indem er dem «grossen Hund» mit Gewehr und Knüppel den Garaus machte und ihn anschliessend kochte und verspeiste. Die Polizei fand bei ihm nur noch das Fell.
Das Landwirtschaftliche Zentrum SG betreibt in Frümsen den Staatswingert als Versuchs- und Demonstrationsrebberg für den St.Galler Weinbau. Der Rebberg beherbergt eine spezielle Sortensammlung mit über 400 Sorten. Darunter befinden sich wichtige Sorten mit Bezug zur Schweiz. Aber auch Kuriositäten wie die älteste Rebe des Kantons wurden angepflanzt. Es handelt sich um die Sorte Blauer Thuner, die in Quinten beim Haus «Alte Post» gefunden wurde.
Staatswingert, Frümsen
Bad Ragaz war einst Pferdewechsel- und Zollstelle auf dem Weg nach Italien. Bekannt war der Ort zudem wegen der nahen Benediktinerabtei und der Therme in Pfäfers. Kein Wunder, dass sich auch viele Kunstschaffende dafür interessierten. Von keinem anderen Ort in der Schweiz gibt es so viele verschiedene Ansichten und Stiche. Die umfangreiche Privatsammlung von Margrith und Otto Schneider an Büchern und Schriften über Bad Ragaz und Umgebung wird in einer Stiftung als Einheit erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die von den Architekten Heinrich Danzeisen und Hans Voser entworfene und 1955 erbaute Goldzackhalle in Gossau war –ursprünglich eine Gummibandweberei. Das sheddachartige –Tonnengewölbe gilt wegen seines sparsamen Materialeinsatzes als «Kultbau des architektonischen Minimalismus» der 1950er–Jahre. Die Goldzackhalle hat eine Nutzfläche von 1400 m² und verfügt über keine Säulen. Heute wird sie als Fitness-Zentrum genutzt. Sie ist aber auch ein «Pilgerort» für Architekturstudierende und Bilder davon haben es bis ins MOMA, das Museum of Modern Art in New York, geschafft.
Goldzackhalle, Gossau
Ein Agententhriller im Rheintal: Der sowjetische Geheimdienst KGB hatte 1968 einen Anschlag auf die Ölpipeline Oleodotto del Reno in St. Margrethen geplant. Um vom Einmarsch der -Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei abzulenken, sollte das Trinkwasser der Bodensee-Anrainer verschmutzt werden. Die Operation «Zveno» wurde mehrmals verschoben und schliesslich abgebrochen. Ein zu diesem Zweck in die Schweiz entsandter Agent, ein angeblicher Russlandrückkehrer namens Igor Mürner, wurde von den Bundesbehörden überwacht, verurteilt und des Landes verwiesen, bevor er den Auftrag ausführen konnte.
NZZ, 27.12.2023
Ende des 19. Jahrhunderts war der Steinbock in der Schweiz ausgerottet. Deshalb beschlossen die Betreiber des Wildparks Peter & Paul in St.Gallen, Steinböcke zu züchten. Die dafür nötigen Tiere versuchten sie vom italienischen König Viktor -Emanuel III. zu erhalten. Dieses Vorhaben scheiterte. Einem -Wilderer gelang es schliesslich 1906, drei Tiere aus dem Jagdrevier des Königs zu entwenden und nach St.Gallen zu bringen. Das Aufzuchtprogramm hatte Erfolg, und bereits fünf Jahre später konnten die ersten Steinböcke im Weisstannental ausgesetzt werden. Mehr als 100 Jahre später lebten im gesamten Alpenraum über 40 000 Steinböcke.
Wildpark Peter & Paul, St.Gallen
65 % der weltweiten Weizenproduktion werden auf Mühlen der Bühler AG vermahlen. Der Technologiekonzern mit Hauptsitz in Uzwil hat eine lange, eindrückliche Geschichte. Er begann 1860 als kleine Eisengiesserei. 1871 wurde eine mechanische Werkstätte angegliedert. Produziert wurden zunächst Bestandteile für Textilmaschinen. Schon bald verlegte die Firma ihre Haupttätigkeit aber auf den Bau von Getreidemühlen und eroberte die Weltmärkte.
Bühler AG, Uzwil
Oberhalb von St. Martin im Calfeisental, im äussersten Süden des Kantons St.Gallen, steht die dickste Fichte des Kantons. Sie hat einen Stammdurchmesser von 1.92 Metern, ist 32.9 Meter hoch und über 300 Jahre alt. Damit ist sie nach einer Fichte im Göscheneralptal im Kanton Uri sogar die zweitdickste Fichte der Schweiz. Wobei: Gut möglich, dass es irgendwo, an einem abgelegenen Ort, noch dickere Exemplare gibt. Man kennt sie nur nicht. Sie haben ihre Ruhe, sind unbehelligt von der Neugier und dem Treiben der Menschen.
Die Staubernbahn verbindet seit 2018 Frümsen im Werdenberg mit dem Berggasthaus Staubern im Alpstein. Zwei Gondeln mit je acht Sitzen – das tönt nicht gerade spektakulär und ist es doch. Die Staubernbahn ist die erste Bergbahn weltweit, die energetisch unabhängig und umweltneutral betrieben wird. Die Stromversorgung wird vollständig über eine Solaranlage und Bremsenergie gewährleistet, was einen neuen ökologischen Standard setzt. Und oben, bei der Bergstation, wartet ein -atemberaubendes Panorama.
Staubernbahn, Frümsen
50 % der weltweit vertriebenen Redbull-Dosen werden im St.Galler Rheintal produziert und abgefüllt. Die Rauch Trading AG eröffnete die Produktionsanlage in Widnau 2005. Die Maschinen laufen fast rund um die Uhr.
Rauch Trading AG, Widnau
In einem Smartphone sind über 100 Präzisionskomponenten von Firmen aus dem Kanton St.Gallen verbaut, z. B. kleinste Schrauben, Komponenten der Kamera oder die Beschichtung des Displays.
1957 brachte die Büchi Labortechnik AG in Flawil eine Weltneuheit auf den Markt: den Rotationsverdampfer, der Stoffe mittels unterschiedlicher Siedepunkte trennt und die Arbeit im Forschungs-labor wesentlich vereinfacht. Der Rotavapor® beeindruckte die Chemiker schon bald durch seine Bedienungsfreundlichkeit, Vielseitigkeit und hohe Qualität und wurde weltweit zum Verkaufsschlager. Für die Büchi AG bedeutete er eine grundlegende Innovation, und noch heute sind Verdampfungslösungen ein wichtiges Marktsegment. Der Rotavapor® ist immer noch ein Bestseller und aus den Labors in der ganzen Welt nicht mehr wegzudenken.
Büchi Labortechnik AG, Flawil
Im Kanton St.Gallen gibt es zurzeit so viele Rothirsche wie nie zuvor. In kalten, schneereichen Winternächten können grosse Hirschrudel von mehreren Hundert Hirschen in den Talebenen zwischen Mels und Bad Ragaz sowie rund um Grabs gesichtet werden. Man muss nicht mehr nach Afrika reisen, um viele Grosssäuger zu beobachten.
Die Verfassung des Kantons St.Gallen von 1831 hatte eine –Vorreiterfunktion. Sie trat 17 Jahre vor der Schweizer Bundes-verfassung von 1848 in Kraft und nahm zum Beispiel das –Referendumsrecht, die Gewaltenteilung und die Pressefreiheit -vorweg. Hat die St.Galler Verfassung damit die Bundesverfassung inspiriert? Mit Sicherheit. Nur schon deshalb, weil an ihrer Ausarbeitung ein bedeutender St.Galler Politiker beteiligt war: der liberale Regierungsrat Wilhelm Matthias Naeff (1802–1881), ein Jurist aus Altstätten.
Neben den 75 politischen Gemeinden gibt es im Kanton St.Gallen ausserdem 108 Ortsgemeinden und Korporationen. Sie stammen aus der Zeit vor der modernen Schweiz mit der heutigen politischen Ordnung. Trotzdem sind sie bis heute wichtig und auf vielfältige Weise in den Regionen engagiert. Sie kümmern sich um den Erhalt historischer Gebäude – vom Schloss Sargans bis zum Schloss Rapperswil – sowie um lokale und regionale Traditionen. Sie unterhalten 1800 km Strassen und Wege, unterstützen 1000 Alters- und Sozialwohnungen, Altersheime ebenso wie lokale Hilfs- und Familienvereine und pflegen 50 % des Waldes sowie rund 90 % aller Waldreservatsflächen im Kanton.
Die rasante Rückschlagsportart Badminton ist im Kanton St.Gallen fest verankert. Die heimischen Akteurinnen und Akteure konnten und können zahlreiche Erfolge feiern. In den 1970er- und 1980er-Jahren gewann der BC St.Gallen achtmal in Folge den Schweizer Mannschaftsmeistertitel. Und auch seit 2010 kommt der Titelträger am häufigsten aus dem Kanton St.Gallen. Allein fünfmal triumphierte der BC Uzwil und dreimal die Badminton Vereinigung St.Gallen-Appenzell.
Der Kanton St.Gallen hat als einziger eine Person im Namen: den heiligen Gallus. Das Gegenstück ist der Kanton Glarus. Sein Wappen zeigt als einziges einen Menschen: den heiligen Fridolin mit Wanderstab und Bibel. Als der Kanton St.Gallen 1803 von den französischen Besatzern zusammengefügt wurde, war der Name naheliegend. St.Gallen war seit Jahrhunderten der bedeutendste Ort der Ostschweiz. Zudem stellten die ehemals fürstäbtischen Regionen zwei Drittel der Bevölkerung. Gallus auch noch ins Wappen zu setzen, das wäre aber zu viel des Guten gewesen. So kam man auf das Liktorenbündel, ein Symbol der Aufklärung.
Im Jahr 2023 erfolgten 2778 Neueintragungen von Unternehmen ins Handelsregister des Kantons St.Gallen. Damit konnte sogar das bisherige Rekordjahr 2021 knapp übertroffen werden. Bei den Neugründungen ist der Kanton St.Gallen im Kantonsvergleich an siebter Stelle. Zur lebendigen Start-up-Szene tragen Institutionen wie das Startfeld oder START Global mit dem START Summit im Umfeld der Universität St.Gallen bei, aber auch regionale Initiativen.
Die Gemeinde Neckertal? Da denken viele an den Baumwipfelpfad oder die Propstei St. Peterzell. Aber auch in der Landwirtschaft hat die Gemeinde Bemerkenswertes zu bieten: Mit 8561 gemeldeten Rindern hält sie den Schweizer Rekord unter den Gemeinden (BFS Landwirtschaftliche Strukturerhebung 2022). Gemessen an der Anzahl Landwirtschaftsbetriebe ist Neckertal mit 233 Betrieben nach Escholzmatt-Marbach im Entlebuch die zweitgrösste Landwirtschaftsgemeinde der Schweiz. Und auch bei der landwirtschaftlichen Nutzfläche liegt sie schweizweit an zweiter Stelle.
9658 lautet die Postleitzahl von Wildhaus ganz zuoberst im Toggenburg. Damit hat die Gemeinde die höchste Postleitzahl der Schweiz. Für die tiefste Postleitzahl muss man in die Westschweiz: nach 1000 Lausanne. Eingeführt wurden die Postleitzahlen in der Schweiz 1964. Grund war eine technische Neuerung: der Siegeszug der halbautomatischen Sortiermaschinen. Im Zeitalter von QR-Code und Smartphone wirkt das altertümlich. Damals war es revolutionär.